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20. December 2017

„Wir brauchen einen Green Deal”

Interview mit Dr. Rudolf Diegel, Prokurist REMEX, zur Ressource Sand

Interview

Herr Dr. Diegel, gibt es in den Branchen, in denen Sand verwendet wird, überhaupt ein Bewusstsein dafür, dass es sich dabei um eine endliche und weltweit knapp werdende Ressource handelt?

Dr. Rudolf Diege: Dass Sand knapp wird, spüren die verbrauchsintensiven Branchen schon allein daran, dass die Genehmigungen für den Sand- und Kiesabbau immer schwerer zu erhalten sind. Für das teilweise auf Sand ge­baute Singapur ist das bereits heute ein akutes Problem. Der dort zur Landgewinnung verwendete Sand stammte meist von den Philippinen und aus Malaysia. Dort wird er mit Saugbaggerschiffen direkt an der Küste abgebaut. Jetzt wurde wegen der dadurch verursachten Umweltschäden ein Importverbot erlassen. Und das ist erst der Anfang. Der globale Sandverbrauch übersteigt die natürlichen Reserven um ein Vielfaches. Das wirkt sich mittelfristig auf den Sandpreis und damit auf die Bauwirtschaft als Ganzes aus.

Der globale Sandverbrauch übersteigt die natürlichen Reserven um ein Vielfaches.

Welche Alternativen zum Sand gibt es denn? Gibt es Zuschlagstoffe aus dem Recycling, die den Sand ersetzen könnten?

Dr. Rudolf Diege: Das ist nicht ganz so einfach, wie wir es uns wünschen würden. Die Anlagen zur Bauschuttauf­bereitung produzieren vor allem Siebsande und Brechsande. Das sind angesichts der Sandknappheit schon wertvolle Ersatzstoffe. Siebsand ist aber aufgrund seiner runden Kornform nur für den Straßenunterbau nutzbar. Für den verbrauchsintensiven Hochbau ist das Material nicht geeignet. Das Gleiche gilt für den Brechsand. Er eignet sich wegen seiner kantigen Kornform vor allem als Bettungssand. Stand heute ließe sich nur aus dem Betonrecycling ein im Hochbau einsatzfähiger Ersatzrohstoff produzieren, der hat aber vor allem in Deutschland noch ein Imageproblem. Die Schweizer sind da schon weiter. Sie schreiben den Einsatz von Recy­clingbaustoffen per Gesetz vor. Interessant sind auch die Kornfraktionen aus aufbereiteter Müllverbrennungsschlacke. Wenn die Umweltparameter durch tiefgehende Aufbereitung oder Waschen strikt eingehalten werden, ist das ein guter Baustoff, wie man in den Niederlanden sehen kann.

60% der weltweit geförderten Sande und Kiese werden von China verbraucht. Innerhalb von drei Jahren verarbeitet die Volksrepublik mehr Sand als die USA in einem ganzen Jahrhundert

Stichwort Recycling: Welche Möglichkeiten gibt es, aus Schlacke und Baureststoffen wie Beton ein Material rückzugewinnen, das die hohen Anforderungen an einen Baustoff ausreichend erfüllt?

Dr. Rudolf Diege: Vor allem brauchen wir zunächst einmal eine Bewusstseinsänderung bei den drei beteiligten Parteien. Das sind vor allem die Umweltbranche, die einen Recyclingrohstoff aufbereitet und anbietet, die Abnehmer, die den Willen haben müssen, dieses Angebot auch anzunehmen, und die öffentliche Hand, welche den Willen haben muss, Ressourcenschonung und nachhaltige Rohstoffversorgung in entsprechende Gesetze zu übertragen. Was wir also zuerst brauchen, ist ein „Green Deal“, wie es ihn in den Nieder­landen bereits gibt. Da fehlt oft noch das Bewusstsein, denn erst der Mangel macht zum Beispiel Schlacke als Rohstoff für den Markt attraktiv. Das ist immer abhängig vom Primärangebot. Insofern kann die Sandknappheit einiges in den Köpfen bewegen.

Hier kommt es auch auf die richtigen Weichenstellungen in unserer Branche an. Viele Projekte scheitern schon an der Logistik und technischen Infrastruktur. So brauchen wir als Erstes Inputmaterial von hoher und konstanter Qualität, das im Idealfall aus selektivem Rückbau und guter Vorsortierung stammt. Und wir müssen in mehr und bessere Technik investieren, die den Rohstoff optimal zurückgewinnen kann.

Wäre die Nutzung von Wüstensand durch technische Tricks perspektivisch eine Lösung des Problems oder bloß ein Angriff auf ein weiteres Ökosystem?

Dr. Rudolf Diege: Wüstensand ist schon aufgrund seiner hohen Chlorwerte und der Kornform absolut ungeeignet als Baustoff. Es mangelt ihm an Stabilität und an Haltbarkeit. Wir haben einfach keine Wahl, wir müssen beim Recyceln höherwertige Qualitäten erreichen. Insofern sehen wir großes Potenzial in der Verwertung von MVA-Schlacken. Sie sind kein Abfall, sondern eine wertvolle Rohstoffquelle der Zukunft.

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